Die Festigkeit eines Laminates wird oft gleichgesetzt mit der Höhe der Lasten, die es erträgt, ohne zu brechen. Ist dieser Punkt – auch als Bruchfestigkeitsgrenze bezeichnet – überschritten, versagt das Harz schlagartig auch und die Fasern brechen, meistens recht spektakulär, komplett durch. In der Realität ist dieser Vorgang des Versagens einer Faserverbundstruktur aber weitaus komplexer, denn lange bevor die eigentliche Bruchgrenze erreicht ist, beginnt das Harz bereits damit, unter Last nach und nach von den Fasern zu brechen. Davon sind zuerst diejenigen Fasern betroffen, deren Anordnung im Laminat am stärksten von der Richtung der eingeleiteten Kraft abweicht. In diesem Fall muß das Harz sozusagen die Arbeit der Fasern mitmachen – und das kann es eben nur bis zu einem Punkt, der weit unter der Bruchgrenze des Laminates liegt. Obwohl das Laminat zu diesem Zeitpunkt noch völlig intakt erscheint, hat der Verfall bereits lange eingesetzt. Konstrukteure von tragenden Faserverbundstrukturen sind daher stets bemüht, ihre Laminate so zu dimensionieren, dass Mikrobrüche im normalen Lastbereich nicht auftreten können.
Der Grad der Dehnung, die ein Laminat ertragen kann, ohne dass erste Mikrobrüche auftreten, hängt im Wesentlichen von der Zähigkeit und der Klebkraft des verwendeten Matrix-Systems ab. Bei spröden Harzen, wie z.B. Polyester, treten die Mikrobrüche schon lange vor dem Versagen des Laminates auf; in der Folge wird es mit jeder weiteren Belastung immer schwächer und seine Bruchfestigkeit sinkt. Der Bootseigner sagt dazu: es wird „weich“. In Zahlen ausgedrückt beginnen die Mikrobrüche nach neuesten Messungen an Polyesterlaminaten mit Glasrovinggeweben bereits bei einer Dehnung von nur 0,2 %, obwohl die theoretische Versagensgrenze erst bei etwa 2 % erreicht ist. Das ist gleichzusetzen mit einer längerfristig nutzbaren Festigkeit des Laminates von nur 10 % seiner Bruchfestigkeit!
Die Verbesserung der Haftung zwischen Faser und Harz durch Modifikation und Abstimmung der Chemie von Harz und Faserschlichte ist eine Möglichkeit, das Problem der Mikrobrüche in den Griff zu bekommen. Natürlich bietet auch hier die gute Adhäsion des Epoxidharzes eine bessere Basis als die vergleichsweise schlechten Eigenschaften von Polyester. Noch wichtiger ist die Zähigkeit des Harzes, also seine Toleranz gegenüber lasteninduzierten Dehnungen; diese Eigenschaft ist die Summe vieler, einzelner Merkmale des Harzes und darum schwer in Zahlen auszudrücken. Ein guter Vergleichswert ist die Bruchdehnung des Harzes, die in Grafik 25 vergleichend dargestellt ist.