Faserverbundwerkstoffe seit 1985

Faserverbundwerkstoffe

Faserver­bundw­erk­stoffe bieten außergewöhn­liche Eigen­schaften, die nur schw­er oder gar nicht von tra­di­tionellen Mate­ri­alien, wie Stahl, Alu­mini­um oder Holz erre­icht wer­den kön­nen. Heutzu­tage wer­den Ver­bundw­erk­stoffe in fast jedem dynamis­chen Hochleis­tungs­bauteil zu Lande, zu Wass­er und in der Luft einge­set­zt. Faserver­bundw­erk­stoffe ermöglichen erst die Entwick­lung und die Pro­duk­tion von ultra­le­icht­en Bauteilen, die kor­ro­sion­s­geschützt sind und dabei höch­sten Belas­tun­gen wider­ste­hen kön­nen. Der Zwang immer leichtere und effek­ti­vere Bauteile her­stellen zu müssen erfordert in zunehmenden Maße den Ein­satz von dieser Materialien.

Vorteile von Faserverbundwerkstoffen

Um die ganze Band­bre­ite der Möglichkeit­en mod­ern­er Ver­bundw­erk­stoffe erfassen und ver­ste­hen zu kön­nen, ist eine gute Ken­nt­nis der vielfälti­gen Einzel­w­erk­stoffe und ihrer fachgerecht­en Ver­ar­beitung erforder­lich. Wir geben hier einen Ein­blick in die the­o­retis­chen Grund­sätze der Ver­bundw­erk­stofftech­nik, stellen die ver­schiede­nen Werk­stoffe und ihre Eigen­schaften vor und beschreiben die gängi­gen Ver­ar­beitung­stech­niken zur Her­stel­lung unter­schiedlich­ster Bauteile aus diesen Werkstoffen.

Theorie der Verbundwerkstoffe

In sein­er ein­fach­sten Form ist ein Ver­bundw­erk­stoff eine Kom­po­si­tion aus min­destens zwei Mate­ri­alkom­po­nen­ten, deren geschick­te Kom­bi­na­tion einen neuen Werk­stoff mit mech­a­nis­chen Eigen­schaften ergibt, die sich von denen der bei­den enthal­te­nen Kom­po­nen­ten  grundle­gend unter­schei­den. In der Prax­is sind dies meis­tens ein umgeben­der Werk­stoff (die soge­nan­nte „Matrix“) und eine Ver­stärkung in Form ein­er Fas­er, die der Matrix mehr Fes­tigkeit und Steifigkeit ver­lei­ht. Man kann die so zusam­menge­set­zten Ver­bundw­erk­stoffe in drei Haupt­grup­pen unterteilen:

Am weitesten ver­bre­it­et sind Poly­mer-Matrix Ver­bundw­erk­stoffe. Sie sind auch bekan­nt unter dem Ober­be­griff FVK (faserver­stärk­te Kun­st­stoffe) und beste­hen aus ein­er stets auf Poly­meren basieren­den Matrix, in die ver­schiedene Fasern – wie z.B. Glas, Kohlen­stoff oder Aramid – einge­bet­tet sind.

In der Auto­mo­bilin­dus­trie und im Flugzeug­bau find­en zunehmend Met­all-Matrix Ver­bundw­erk­stoffe Anwen­dung, bei denen meis­tens Silikonkar­bid-Fasern in eine Alu­mini­um- Matrix einge­bet­tet sind. Ver­bundw­erk­stoffe mit keramis­ch­er Matrix wer­den über­all dort einge­set­zt, wo sehr hohe Tem­per­a­turen zu erwarten sind, wie z.B. in der Raum­fahrt und in mil­itärischen Anwen­dun­gen bei Trieb­w­erken. In die keramis­che Matrix wer­den Kurz­fasern (soge­nan­nte „Whiskers“) aus Silikonkar­bid oder Boron­ni­trid eingebettet.

Polymer-Matrix Verbundwerkstoffe

Harzsys­teme wie Epox­id oder Poly­ester haben – auf sich allein gestellt – eingeschränk­te Ver­wen­dungsmöglichkeit­en bei der Her­stel­lung struk­tureller Bauteile. Ihre mech­a­nis­chen Eigen­schaften sind, etwa im Ver­gle­ich zu den meis­ten Met­allen, recht niedrig. Allerd­ings haben sie auch einige Vorteile gegenüber den Met­allen; ins­beson­dere ihre Eigen­schaft, mit ihnen nahezu beliebige, auch hochkom­plexe For­men gestal­ten zu können.

Mate­ri­alien wie Glas, Aramid und Boron weisen zwar extrem hohe Zug- und Druck­fes­tigkeit auf. Diese Eigen­schaften sind jedoch in ihrer jew­eils „reinen Form“ prak­tisch kaum nutzbar. Wenn man diese Mate­ri­alien ein­er Zuglast aus­set­zt, kommt es auf­grund fein­ster Fehler an der Mate­ri­alober­fläche zu einem Ver­sagen weit unter der the­o­retis­chen Belas­tungs­gren­ze. Man stellt darum aus diesen Mate­ri­alien Fasern her; so wer­den die von der Anzahl her gle­ichen Ober­flächen­fehler auf eine begren­zte Anzahl von Einzelfasern verteilt. Wenn diese vere­inzel­ten Fasern dann unter ein­er Zuglast ver­sagen, bleibt der Rest intakt und das Mate­r­i­al kann seine Eigen­schaften viel bess­er zur Gel­tung brin­gen. Trotz­dem bleibt die Anwen­dung solch­er Fasern auf die Auf­nahme von Zuglas­ten ent­lang der Faser­rich­tung beschränkt, etwa ver­gle­ich­bar mit den einzel­nen Fasern eines Seils.

Erst die Ein­bet­tung der Fasern in eine Harz­ma­trix erschließt die volle Band­bre­ite der mech­a­nis­chen Eigen­schaften. Das Harz leit­et die anliegen­den Kräfte in den Werk­stoff ein und verteilt sie gle­ich­mäßig auf benach­barte Fasern. Eine Beschädi­gung der Ober­flächen durch das Aneinan­der­reiben einzel­ner Fasern oder Schlagein­wirkun­gen an der Werk­stück­ober­fläche wird ver­hin­dert, denn jede einzelne Fas­er ist nun voll­ständig in das Harz einge­bet­tet und in ihrer Posi­tion fix­iert. Hohe Fes­tigkeit und Steifigkeit, ein­fache Gestal­tung kom­plex­er For­men und beste Beständigkeit gegen Wit­terung – das alles kom­biniert mit einem niedri­gen, spez­i­fis­chen Gewicht; so entste­hen Ver­bundw­erk­stoffe, die Met­allen in vie­len Anwen­dungs­bere­ichen weit über­legen sind. Da Poly­mer-Matrix Ver­bundw­erk­stoffe immer ein Harz mit einem oder mehreren Faser­typen kom­binieren, sind die resul­tieren­den Eigen­schaften des Werk­stoffes ein Resul­tat aus den Eigen­schaften der Fasern und der Harze als Einzelwerkstoff.

Der Faser­vol­u­menan­teil hängt in erster Lin­ie vom Her­stel­lung­sprozess ab. Da die Eigen­schaften der Fas­er denen des Harzes in den meis­ten Belan­gen über­legen sind, gilt als generelle Regel: Je höher der Faser­an­teil in einem Lam­i­nat, desto bess­er die mech­a­nis­chen Eigen­schaften. In der Prax­is ist diese Regel begren­zt durch die Anforderung, dass wirk­lich alle Fasern rest­los von Harz umschlossen sein müssen; ist dies nicht der Fall („trock­ene Lam­i­nate“), kommt es zu Fehlstellen in Form fein­ster Luftein­schlüsse, die bei Belas­tung zum Ver­sagen führen kön­nen. In Abhängigkeit vom gewählten Ver­ar­beitungsver­fahren sind solche Fehlstellen unter­schiedlich stark ausgeprägt.

In einem für den Boots­bau typ­is­chen Hand­lam­i­nat find­en sich Faser­vol­u­menan­teile von etwa 30–40 %. Im High-End Bere­ich, z.B. bei der Her­stel­lung von Flugzeugteilen, kön­nen Werte bis ca. 70 % erre­icht wer­den. Die Anord­nung der Fasern im Ver­bundw­erk­stoff ist eben­falls von großer Bedeu­tung, da alle Fasern ihre höch­ste Fes­tigkeit par­al­lel zur Faser­rich­tung (0°) aufweisen. Ganz anders als bei den isotropen Met­allen sind die Eigen­schaften eines Ver­bundw­erk­stoffes dem­nach hochgr­a­dig anisotrop, d.h. in ein­er Rich­tung beson­ders aus­geprägt. Brucht­ests eines Werk­stück­es mit unter­schiedlich ori­en­tiert­er Kraftein­leitung führen zu völ­lig ver­schiede­nen Resul­tat­en. Es ist also von größter Bedeu­tung für die erfol­gre­iche Nutzung der werk­stofftyp­is­chen Vorteile, dass Rich­tung und Inten­sität der zu erwartenden Las­ten schon in der Kon­struk­tion­sphase bekan­nt sind und entsprechend berück­sichtigt wer­den. So kön­nen Lam­i­nate entsprechend der Last­si­t­u­a­tion opti­miert wer­den; ein­fach aus­ge­drückt, platziert man die Fasern nur dort, wo auch Belas­tun­gen erwartet wer­den und ver­mei­det so unnötige Überdi­men­sion­ierung in weniger oder gar nicht belasteten Bere­ichen bzw. Richtungen.

Ein weit­er­er, wichtiger Unter­schied zu den Met­allen beste­ht in der Def­i­n­i­tion der Mate­ri­aleigen­schaften durch den Ver­ar­beit­er. Wer Met­alle ver­ar­beit­et, kann deren ein­mal gegebe­nen Eigen­schaften nicht mehr zum Vor- oder Nachteil des zu fer­ti­gen­den Pro­duk­tes verän­dern. Ganz anders ist es bei den Ver­bundw­erk­stof­fen: Hier entste­ht das Mate­r­i­al erst im Zuge der Her­stel­lung eines Bauteiles; seine Qual­ität hängt im hohen Maße von der Qual­ität der Arbeit des einzel­nen Ver­ar­beit­ers ab. Er kann durch sorgfältiges und ver­ant­wor­tungs­be­wußtes Vorge­hen entschei­dend dazu beitra­gen, dass die in der The­o­rie zu erwartenden Eigen­schaften auch wirk­lich erre­icht wer­den. Ander­er­seits kön­nen seine Nach­läs­sigkeit oder sein Unwis­sen auch zum Ver­sagen ganz­er Bau­grup­pen führen!

Beanspruchungen

Jedes Mate­r­i­al wird in ein­er fer­ti­gen Struk­tur vier ver­schiede­nen Las­ten aus­ge­set­zt: Zug‑, Druck‑, Sch­er- und Biegelasten.

Zuglast

Die Abbil­dung zeigt eine Zuglast, die auf ein Ver­bundw­erk­stoff-Bauteil ein­wirkt. Seine Wider­stands­fähigkeit gegen eine solche Belas­tung hängt im Wesentlichen von Steifigkeit und Reißfes­tigkeit der ver­wen­de­ten Fasern ab.

Verbundwerkstoffe Zuglast

Druck­last

Auch hier hängt die Fes­tigkeit des Ver­bundw­erk­stoffes von den Eigen­schaften der Fasern ab, mit dem Unter­schied, dass der Harzan­teil dem Druck wesentlich bess­er wider­ste­ht als dem Zug. Die wichtig­ste Auf­gabe des Harzes ist denn in diesem Fall das Zusam­men­hal­ten der Fasern in ihrer Anordnung.

Verbundwerkstoffe Drucklast

Scher­last

Diese Kraft ver­sucht, die einzel­nen Fasern gegeneinan­der zu ver­schieben. Hier spielt das Harz die wesentliche Rolle; die Verteilung der Kraft auf einen möglichst großen Bere­ich. Das Harz muss also nicht nur sehr gute mech­a­nis­che Eigen­schaften, son­dern auch eine gute Adhä­sion zu den eingeschlosse­nen Fasern haben. Die ILSS (Inter­lam­inare Scher­fes­tigkeit) beze­ich­net die Fes­tigkeit in einem mehrschichti­gen Laminat.

Verbundwerkstoffe Scherlast

Biege­last

Biegekräfte stellen eine Kom­bi­na­tion der drei vor­ge­nan­nten Belas­tun­gen dar; der obere Bere­ich des Bauteils ste­ht unter Druck, die Mitte erfährt eine Scher­be­las­tung und der untere Bere­ich wird gezogen.

Verbundwerkstoffe Biegelast

 

Ver­gle­ich mit anderen Strukturwerkstoffen
Auf­grund der vorste­hend beschriebe­nen Fak­toren gibt es eine große Band­bre­ite möglich­er mech­a­nis­ch­er Eigen­schaften, die ein Faserver­bundw­erk­stoff aufweisen kann. Selb­st wenn man nur einen Faser­typ betra­chtet, kön­nen die Eigen­schaften infolge unter­schiedlich­er Faser­an­teile und ‑ori­en­tierun­gen um den Fak­tor 10 vari­ieren! Nach­fol­gend wer­den diese Eigen­schaften miteinan­der ver­glichen; dabei basieren die jew­eils niedrig­sten Werte auf ein­fachen Her­stel­lungsver­fahren und Mate­ri­al­for­men (z.B. Faser­spritzver­fahren), die höheren auf den High-End Ver­fahren (z.B. uni­di­rek­tionale Lam­i­nate aus Autoklaven) aus Luft- und Raum­fahrt. Zum Ver­gle­ich wer­den auch Werte wie Fes­tigkeit und Steifigkeit ander­er Mate­ri­alien, wie z.B. Alu­mini­um­legierun­gen, aufgeführt.

Zugfestigkeit

Zugfestigkeit 2

Spezifisches Gewicht

Die vorste­hen­den Grafiken zeigen ein­drucksvoll, welch­es Spek­trum von mech­a­nis­chen Eigen­schaften Faserver­bundw­erk­stoffe aufweisen kön­nen. Zusam­men­fassen kann man sie mit dem Begriff: „Hohe Fes­tigkeit und Steifigkeit bei niedrigem Gewicht“. Diese Eigen­schaften sind es, die Faserver­bundw­erk­stoffe für viele Ein­sätze bei Struk­tu­ran­wen­dun­gen so überaus inter­es­sant machen. Ins­beson­dere gilt das natürlich für Anwen­dun­gen, in denen große Massen unter wirtschaftlichen Gesicht­spunk­ten beschle­u­nigt und wieder zum Still­stand gebracht wer­den müssen, also im Bere­ich des Trans­portwe­sens im weitesten Sinne (Flugzeuge, Schiffe, Autos, Züge etc); hier spielt die Massenre­duzierung bei gle­ichzeit­iger Gewährleis­tung der (sicheren!) Fes­tigkeit die entschei­dende Rolle.

Die nach­fol­gen­den Grafiken stellen die Fes­tigkeit­seigen­schaften der unter­schiedlichen Werk­stoffe und Mate­ri­alkom­bi­na­tio­nen jew­eils ins Ver­hält­nis zu ihrem Gewicht; es han­delt sich also um spez­i­fis­che Werte. Im Gegen­satz dazu zeigen die vorste­hen­den Grafiken 6 und 7 absolute Werte, bei denen in aller Regel der fes­teste Werk­stoff auch der schw­er­ste ist.

Spezifische Zugfestigkeit

Zugmodul

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