Unter den zahlreichen Epoxidharzen finden sich u.a. einige der mechanisch besten Harze, die heutzutage verfügbar sind. In der Regel sind Epoxidharze hinsichtlich ihrer Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen und ihrer mechanischen Eigenschaften allen anderen Harzsystemen deutlich überlegen. Aus diesem Grunde wird z.B. bei der Herstellung von leichten Strukturkomponenten an Flugzeugen nichts anderes verwendet. Als Laminierharz für Boote und Yachten ist Epoxidharz aufgrund seiner Wasserfestigkeit und seiner ausgezeichneten Klebeeigenschaften geradezu prädestiniert. In diesem Markt finden sie dann auch eine weite Verbreitung, insbesondere zur Herstellung von Hochleistungsyachten und als Schutzschicht im Unterwasserbereich. Auch im Serienyachtbau finden Epoxidharze zunehmende Verwendung, da sich größere Langlebigkeit und bessere Fahreigenschaften durch Gewichtsreduzierung als starke Verkaufsargumente erwiesen haben.
Der Begriff „Epoxid“ bezieht sich auf eine chemische Gruppe, in der ein Sauerstoffatom in unterschiedlicher Weise an zwei Kohlenstoffatome gebunden ist. Die einfachste Variante ist ein dreiteiliger Ring, der als „Alpha-Epoxid“ oder auch „1,2‑Epoxid“ bekannt ist. Die idealisierte Struktur dieses „Ur- Epoxides“ ist in Grafik 19 dargestellt; sie findet sich als Erkennungsmerkmal auch in allen, wesentlich komplexer formulierten Epoxidharzen wieder.
In der Praxis sind Epoxidharze in ungefärbtem Zustand an ihrer typischen, an Bernstein erinnernden, klar-transparenten Braun-Färbung zu erkennen. Sowohl Harz als auch Härter haben eine niedrige Viskosität, die ihre Verarbeitung begünstigt. Das fertige Reaktionsgemisch reagiert – in Abhängigkeit des gewählten Härters – bei Temperaturen von ca. 5°C bis 150°C aus und bildet einen harten, hochbelastbaren Kunststoff. Einer der wichtigsten Vorteile der Epoxidharze ist ihre geringe Schrumpfung während der Aushärtung, wodurch u.a. Spannungen im Laminat und der bekannte Relief-Effekt (Abbildung der Faserstruktur) an kosmetisch relevanten Oberflächen vermieden werden. Hinzu kommen gute Klebkraft an unterschiedlichsten Materialien, hohe Zug- und Druckfestigkeit, gute elektrische Isoliereigenschaften und beste Beständigkeit gegen Chemikalien.
Epoxidharze finden Verwendung als Kleber, Gießharze, Dichtungsmassen, Versiegelungen, Lacke und Farben und natürlich als Matrixsysteme bei der Herstellung unterschiedlichster Komponenten in Faserverbundbauweise. Die Molekularstruktur der Epoxide ähnelt derjenigen der Vinylester; langkettige Moleküle mit jeweils einer offenen Bindung an jedem Ende, die allerdings anstelle von Estern aus Epoxid-Gruppen gebildet werden. Die Abwesenheit der hydrolyseanfälligen Ester ist der Grund für die bessere Wasserbeständigkeit der Epoxidharze. Im Zentrum des Epoxid-Moleküls befinden sich zwei sogenannte Ring- Gruppen, die gegenüber thermischen und mechanischen Belastungen weit beständiger sind als die uns von den Polyestern und Vinylestern bekannten, kettenförmigen Moleküle. Sie verleihen dem Epoxidharzen auch seine gute Steifigkeit, Zähigkeit und die höhere Wärmestandsfestigkeit.
Die Grafik 20 zeigt die idealisierte Darstellung der chemischen Struktur eines typischen Epoxidharzes.
Im Gegensatz zu den katalytisch aushärtenden Polyesterharzen härten Epoxide durch einen additiven Härtungsprozess aus. Der Härter, oft ein Amin, bildet mit den Molekülen des Harzes eine feste Struktur, in der – vereinfacht beschrieben – immer jeweils zwei Epoxid-Moleküle an ihren reaktiven Enden durch das „Andocken“ eines Amines miteinander verbunden sind. Die so entstehende, komplexe und dreidimensionale Struktur ist in Grafik 21 dargestellt.
Da die Amin-Moleküle stets in einem genau bestimmten Mengenverhältnis mit den Epoxidmolekülen reagieren, ist eine möglichst genaue Einhaltung des korrekten Harz/Härter-Mischungsverhältnisses für die Aushärtung der Epoxidharze von größter Wichtigkeit. Jede Abweichung führt zwangsläufig zum Verbleib unreagierter Reste der einen oder anderen Komponente im ausgehärteten Gebinde. Je größer die Abweichung vom richtigen Mischungsverhältnis ist, desto schlechter werden die Eigenschaften des ausreagierten Harzes. Um die Gewährleistung einer korrekten Mischung durch den Verarbeiter möglichst zu vereinfachen, bemühen sich die Hersteller der Harze, ihre Systeme mit möglichsten „runden“ Mischungsverhältnissen zu versehen, wie z.B. 100:30 oder 3:1.